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2003 - BRANDNER KASPAR von Joseph Maria Lutz

Die Geschichte

Das Stück basiert auf einer kleinen Dialekt-Erzählung von Franz von Kobell und spielt Anfang des 19. Jahrhunderts im voralpenländischen Tegernsee.

 

Der rüstige, fidele Brandner Kaspar verdient seinen Lebensunterhalt trotz seiner 78 Lenze immer noch als königlicher Jagdgehilfe. Obwohl ihm das Schicksal mit dem Tod seiner Frau und der beiden Söhne arg beutelt, feiert er mit der ganzen Gemeinde anlässlich seines 80. Geburtstages ein großes Fest und gewinnt neuen Lebensmut. Den braucht er schon deshalb, weil er sich zum Ziel gesetzt hat, ähnlich wie sein Vater 90 Jahre alt zu werden.

 
Doch noch am selben Festabend stellt sich bei ihm ein makaberer Geburtstagsgast ein - der Tod. Er bittet den Kaspar zwar, ihn leutselig „Boanlkramer“ zu nennen, fordert ihn aber gleichzeitig auf, mit ihm zu kommen und den Lebensabend zu beschließen. Der Brandner Kaspar denkt jedoch im Traum nicht daran, das Zeitige zu segnen. Als die beiden gar nicht handelseinig werden, lädt der Kaspar den erstaunten Tod zu Schnaps und Schmalznudeln ein, singt ihm lustige Jägerlieder vor und rückt schließlich mit dem Vorschlag heraus, die Sache auszukarten. Da der Boanlkramer vom ungewohnten Schnaps schon sehr angeheitert ist, merkt er nicht, dass ihn der Brandner beim Spiel betrügt. Der Tod verliert und muss dem Kaspar weitere 10 Lebensjahre schenken.


Als der Heilige Petrus im Himmel von der grotesken Handelschaft erfährt, lässt er ergrimmt den Tod zu sich kommen und droht ihm, ihn aus dem Dienst zu jagen, wenn er den Brandner nicht sofort in den Himmel bringe. Damit stürzt er den Boanlkramer in größte Verlegenheit, weil dieser dem Kaspar sein Wort gegeben hat. In seiner Gewissensnot verfällt er auf eine List. Er fährt mit seinem Gespann beim Brandner vor und verspricht ihm, ihn auf ein Stünderl an einen Ort zu fahren, wo man wunderschön ins Paradies hineinschauen könne. Nach anfänglichem Sträuben findet der Kaspar die Idee gar nicht so schlecht und entschließt sich mitzufahren.


Auf fantastischem Gefährt, gezogen vom mageren Rappen des Todes, geht die Fahrt durch Wolken, Regen, Hagelschlag und Gewitter bis zur unirdischen Stille der „Ewigen Ruh“, wo der Tod zu Hause ist. Hier gefällt es dem Brandner schon so gut, dass er, des irdischen Lebens müde, ein bisschen rasten will. Der Tod bedeutet ihm aber, sie müssten weiter, sonst seien sie in einer Stunde nicht zurück. So kommen sie über die aufblühende Pracht der Sternwiese zum goldenen Himmelstor und schließlich ins Büro des Heiligen Petrus, der den Kaspar freundlich begrüßt und ihn ins himmlische Paradies hineinschauen lässt...

Inszenierung in der Neumühle

 

Das Erfolgsstück von Joseph Maria Lutz erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit in Theaterkreisen. Es wurde auf weit mehr als 100 Bühnen aufgeführt und die Deutsche Bühnen Korrespondenz schrieb: "... gehört zu den besten Szenen, die ein deutscher Dichter je geschrieben hat."

Die Projektleitung der Freilicht-Festspiele Vohburg wählte ganz bewusst das Stück von Joseph Maria Lutz, obwohl Kurt Wilhelm eine weitaus populärere Fassung veröffentlichte, die besonders durch die Filmschauspieler Gustl Bayrhammer, Toni Berger und Fritz Strassner weit über Bayern hinaus bekannt wurde. Dagegen ist das Lutz-Stück das authentischere, dasjenige, das ohne Klamauk und ohne Musikantenstadl-Atmosphäre echten bayerischen Charme, ehrliches Volkstum widerspiegelt.

Um diese Einfachheit auszudrücken, verlegt das Team die Szenerie in den historischen Innenhof der Neumühle in Vohburg. Die bäuerliche Umgebung, der sparsame Einsatz der Kulisse, das exakt abgestimmte Bühnenbild, für das erneut Claudia Rühle vom Ingolstädter Stadttheater gewonnen werden konnte, professionelle Lichteffekte und die Freilichtatmosphäre ermöglichen es den Zuschauern, abzutauchen in die Spannung zwischen volksnaher ländlicher Handlung einerseits und Mysterienspiel andererseits. Über 60 Mitwirkende und Boanlkramers "echtes" Pferdegespann tragen im Übrigen dazu bei, sich fesseln zu lassen von der bewusst inszenierten Dialektik zwischen Leben und Tod, die der Pfaffenhofener Heimatdichter perfekt dramatisierte. Dieses Lutz'sche Vermächtnis möglichst naturgetreu darzustellen ist Anliegen der Projektleitung der Freilicht-Festspiele Vohburg.

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